In da Fosnat

Lied in der Faschingszeit

In der Fosnat dou is luste bearb

 

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Für die Offenen Singabende in der Faschingszeit war ich auf der Suche nach einem entsprechenden Lied. Fündig wurde ich im maschinenschriftlich (Texte) und handschriftlich (Melodien) abgefassten Büchlein von Horst Grünbauer mit dem Titel: 75 Lieder aus dem singenden, klingenden Dorf [Neuhäusl] an der böhmisch, bayerischen Grenze, München 1981 (Selbstverlag „D’Grünbauer Stub’m Musi“). 

Das Lied scheint eher lokal in Gebrauch gewesen zu sein. Eine weitere Aufzeichnung oder Druckausgabe ist mir bisher nicht bekannt geworden. Zum Verwechseln ähnlich lautet der Anfang eines jedoch gänzlich unterschiedlichen Liedes in der Tirschenreuther Liedermappe 8 vom Jahr 2004, Nr. 12: „In da Fosnat, dao woars luste“. Dieses adaptiert die Melodie von „Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön“ auf eine gereimte Reminiszenz von Heimatvertriebenen an die Faschingstage in der früheren egerländischen Heimat.

Als Vorwort zu seiner Liedersammlung stellte Horst Grünwald einen Auszug aus der Heimatzeitung „Der Heimatbote“ vom Jahr 1970 voran, in welchem Bruno Deglmann, der ehemalige Rektor im benachbarten Ort Roßhaupt (Rozvadov), in schwärmender Erinnerung seine musikalischen Erlebnisse in Neuhäusl festhielt:

Hart an der böhmisch-bayerischen Grenze im Südwesten unseres Tachauer Kreises, wo der schwere Grenzwald sich hinzieht und fernab vom Verkehr, liegt das Dörflein, das wie kein anderes im Heimatkreis
 diesen Beinamen „singend/klingend“ verdient.
 Seine Bewohner waren zum Großteil Holzarbeiter, Landwirte oder Handwerker und keineswegs mit Reichtümern dieser Erde gesegnet. Die Siedlung bestand zumeist aus Einfamilienhäusern, viele noch aus Holz, die sich hinter ihren Zäunen und Gärten bescheiden den Hang hinduckten. Aber in diesen niedrigen,
 sauberen Häusern wohnte ein fröhliches Völkchen, das sich fast samt und sonders der Musik verschrieben 
hatte. Wenn man nach Feierabend oder am Sonntag durch das Dörflein ging, dann klang es fast aus jedem Haus. Hier waren es wohlgesetzte Trompetenklänge, dort perlende Klarinettenläufe, drüben flinke Triller auf der Violine. Bald wechselten anheimelnde Zither-, Gitarren- oder gar Harfenklänge, und von weither brummte ein Bass. …

Ich war gerne in dem verträumten Nest und hab keinen „Frauentag“ beim Meixner oder beim Wastl versäumt. Eine alte Freundschaft aus früher Kinderzeit verband mich mit dem Dörflein und vor allem mit seinen Musikanten. Ich sehe sie noch alle im Geiste vor mir; den Stumm Hons (Johann Grünbauer), den Keimerharl (Georg Keim) und seinen Sohn Hans, den Stumm Korl (Karl Grünbauer), den Lenz’n Fronz (Franz Huf), den Schöllräis (Andreas Hut) und nicht zuletzt die Scheftnerin und die Stumm Mare.

Wenn meine Eltern zum Faschingsball luden, dann waren es immer die Neuhäusler Musikanten, die dabei aufspielten. Ich kann mich noch ganz gut erinnern, wie ich ihnen als musikbegeisterter Junge dabei Bier und was sonst sie zu ihrem fröhlichen Geschäft benötigten, zuschlepte[!] …

Der Stumm Hons, der Vater und Großvater der heutigen „Grünbauer Stub’m Musi“, er scheint mir der fähigste und begnadeste[!] Musikus von allen gewesen zu sein. In seinen Adern floß aber auch von Urvaterszeiten her Musikantenblut. Er spielte nicht nur alle Blas- und Saiteninstrumente, er wagte sich sogar an die Königin der Instrumente, an die Orgel. … Mit ihm verband mich eine besondere Freundschaft, er spielte nämlich, wie ich auch, die Zither. Oft ergab sich, daß nach einem Ball die Gäste sich bereits verlaufen hatten, die Musikanten wie immer aber noch nicht heimgehen wollten. Dann setzten wir uns im Herrgottswinkel der Gaststube zusammen und sangen noch manches fröhliche Lied. …

Das also waren die Neuhäusler Musikanten, wie ich sie kannte und schätzte und im Gedächtnis behalten habe und sie auch nie vergessen werde. Nicht vergessen sei an dieser Stelle auch die sangesfrohe Jugend von Neuhäusl. Ob in der Kirche, im Gasthaus oder auf der sommerabendlichen Dorfstraße, immer klangen ihre Lieder herzlich und frisch.

Nun sind sie alle zerstreut und viele von ihnen weilen nicht mehr unter den Lebenden. Die Erinnerung an diese musikfrohen Menschen aber ist geblieben.

Wo aber, sagt mir, findet man in Deutschland noch solch ein Dörflein, das der Musik mit allen Fasern des Herzens so verhaftet ist, wie das singende, klingende Dörflein Neuhäusl im böhmischen Grenzwald?

Laut Wikipedia bildete Neuhäusl, heute Nové Domky, ab 1849 mit dem Ortsteil Reichenthal eine Gemeinde im Gerichtsbezirk Tachau (Tachov). 1948 erfolgte die Eingemeindung nach Rozvadov (vormals Roßhaupt). 1991 hatte der Ort 16 Einwohner. Im Jahre 2001 bestand das Dorf aus 8 Wohnhäusern, in denen 14 Menschen lebten. Neuhäusl erlangte besondere zeitgeschichtliche Bedeutung dadurch, dass hier der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland Hans-Dietrich Genscher und sein tschechoslowakischer Amtskollege Jiří Dienstbier am 23. Dezember 1989 symbolisch den Eisernen Vorhang durchschnitten. Heute erinnert ein Denkmal an diesen historischen Akt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Nové_Domky_(Rozvadov), aufgerufen am 5. 2. 2018

 

Veröffentlicht von

Franz Schötz

Leiter der Volksmusikstelle Niederbayern und Oberpfalz, Mitterfels

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