Ich kann mich noch sehr genau an meinen ersten Lehrgang beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege erinnern. Eine Freundin nahm mich zur Volksmusikwoche „Bayerischer Dreiklang“ nach Herrsching mit. Singerisch hat sich hier für mich eine ganz neue Welt aufgetan. Zum einen vom Liedrepertoire, das so ganz anders war, als die Lieder, die ich bis dahin kannte. Diese Art Lieder, die vor allem zu später Stunde im Bierstüberl erklangen, waren mir völlig neu – fremd und faszinierend zugleich.
Und zum anderen die kraftvolle Art des Singens. Einer stimmte an, die anderen suchten sich eine Stimme dazu, drüber oder drunter. Und ganz wichtig und essentiell war der volltönende Bass – von vielen gesungen – der eine unglaublich kräftige Basis bildete. Ich war fasziniert und verzaubert. Für mich waren diese Singerlebnisse wirklich prägend und inspirierten mich, mich selbst auf die Suche nach überlieferten Liedern zu machen. Immer wieder habe ich es als Sternstunde empfunden, wenn die „richtigen“ Sänger da waren, die das gleiche Liedrepertoire beherrschten wie ich. Ein Liedrepertoire, das zugegebenermaßen recht speziell ist. In so einer Sternstunde ist auch die Idee gereift, diese wunderbaren Lieder klanglich zu dokumentieren.
Auslöser, dieses Projekt endlich zu verwirklichen, war die geplante Herausgabe einer Sammlung des Liedrepertoires von Monika Baumgartner aus Flossing (bei Mühldorf), einer erfahrenen Sängerin, Singleiterin und Jodlerin, die seit vielen Jahren zuerst Teilnehmerin und dann Referentin beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege war und ist. Ihr persönliches Liedrepertoire spiegelt in großen Teilen die auf Lehrgängen des Landesvereins gelehrten Lieder wider und deshalb war es naheliegend begleitend zum Buch eine CD zu produzieren. Gerade die weit ausholenden Arien aus dem Bayerischen Wald und die Lieder ausgewanderter Böhmerwäldler aus Wolfsberg (eine ehemals deutsche Siedlung im Banater Bergland in Rumänien) verlangen nach einer klanglichen Darstellung, da mit einem Notenblatt die Ausdrucksform dieser Lieder nur sehr rudimentär wiedergegeben werden kann. In verschiedenen Formationen erklingen nun diese Lieder, die zum Großteil Aufzeichnungen aus der Feldforschung sind. Wir alle wurden inspiriert und geprägt durch diese besondere Singweise, die auf mündlicher Tradition beruht und über eine ganz andere Klangästhetik verfügt wie der geschulte Gesang.
Ich möchte mich sehr bei allen Mitsängerinnen und Sängern für die intensiven Stunden des Probens und Aufnehmens bedanken:
An erster Stelle sei hier Monika Baumgartner genannt, die mit ihrer vielseitigen sängerischen Erfahrung bei diesem CD-Projekt die musikalische Leitung übernommen hat und immer für die richtige Tonlage gesorgt hat. Simone Lautenschlager, Leiterin des Studiengangs Volksmusik an der Hochschule für Musik und Theater in München und Tanzmusikantin mit Leib und Seele bereicherte unseren Gesang mit ihrer klaren Sopranstimme. Witzigerweise musste sie erst auf einen Lehrgang des Landesvereins fahren um zu merken, welch besonderen Lieder ihre Familie vor ihr „verheimlicht“ hat (Öitza kaff ma uns a paar Hengstala). Hermann Geyer war selbst schon einmal in Wolfsberg in Rumänien und verleiht mit seiner schönen Tenorstimme unseren Liedaufnahmen einen ganz besonderen Glanz. Ebenfalls viele Male in Wolfsberg waren Reinhard und Gitti Albert aus Mühldorf. Durch ihre Freundschaft mit dem Volkskundler Wolfgang A. Mayer, der diese besondere Böhmerwäldler Siedlung in den 1970er Jahren entdeckt und ihre Lieder dokumentiert hat, bekamen sie einen ganz direkten Zugang zu den Menschen und ihrer Lebensweise vor Ort. Eva Becher vom Kulturreferat München begleiteten das Singen und besondere Lieder schon von klein auf durch ihren Vater Kurt Becher, der den Lehrgang „Bayerischer Dreiklang“ in seiner Ausrichtung geprägt hat und immer wieder anregte, der reichen musikalischen Überlieferung Bayerns in seiner ganzen Vielfalt nachzuspüren. Christa Mayer und Elisabeth Soyer bilden zusammen mit Monika Baumgartner die Flossinger Sängerinnen und lassen die Facette der oberbayerisch-alpenländischen Liedüberlieferung und Besetzung erklingen. Unverzichtbar und warm wie eine Wolldecke legt sich unter die Viergesänge der Bass meines niederbayerischen Kollegen Franz Schötz. Seine langjährige Singerfahrung und Tonsicherheit war buchstäblich die Basis unseres Gesanges.
Danken möchte ich auch unserem Tonmeister Christian Weigl, der mit unglaublich feinen Ohren und Gespür die Aufnahmen geleitet hat und Anna Baumgartner, die der CD so ein schönes Gewand geschneidert hat.
Wer jetzt neugierig geworden ist, der kann sich die CD „Lauter liabste Liader“ in unserem Shop bestellen.
Das Liederbuch „Lauter liabste Liader“ erscheint voraussichtlich 2018.
Und wer jetzt Lust bekommen hat, selbst einmal lauter liabste Liader zu singen, und zwar nicht nur die Hauptstimme, sondern auch die 2. und 3. Stimme oder den Bass, der sei auf den nachfolgenden Blogbeitrag verwiesen. Hier kann man sich alle Stimmen einzeln anhören und üben.
Wir wünschen ganz viel Freude damit!
Und hier bekommt ihr einige Kostproben der „Liabsten Liader“ in den verschiedenen Besetzungen:
Nun freuet euch Menschen
Wald Ari
Wer is denn drauß
Iatza kaaf ma uns a Paar Hengstala
Hoi tei djo
(Monika Baumgartner, Eva Becher, Hermann Geyer)
Sollt i hoamgeh
(Geigesang)
2 Antworten
Liebe Dagmar, liebe alle MitsängerInnen,
ihr habt eine wunderschöne CD aufgenommen, die mir sehr viel Freude bereitet! Damit sind auch ganz viele meiner „liabsten Liader“ dokumentiert in einer Singweise, die einen ganz tief ins Herz trifft. Und mit den Aufnahmen im Volksmusikmagazin kann man sehr gut die einzelnen Stimmen lernen und mitsingen. Gefällt mir alles sehr gut, danke euch!!!
Herzliche Grüße, Johannes
liebe Dagmar,
insbesondere auch dir als Projektleiterin dieser CD-Produktion beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege gilt ein herzliches Dankeschön! Deine reiche Singerfahrung, dein fachliches und musikalisches Mitwirken haben wesentlich zum Gelingen dieses Projektes beigetragen!
Herzliche Grüße, Monika