Der bayerische Dreiklang – Liedvermittlung von Ohr zu Ohr

Ich kann mich noch sehr genau an meinen ersten Landesvereinslehrgang erinnern, 1984 beim „Bayerischen Dreiklang“ in Herrsching. Singerisch hat sich für mich eine ganz neue Welt aufgetan.

Zum einen vom Liedrepertoire, über das ich nur staunen konnte, denn ich kannte bis dahin nur deutsche Volkslieder und schöne neugemachte schwäbische Lieder. Diese Art Lieder, die beim Landesverein, vor allem zu sehr später Stunde im Bierstüberl gesungen wurden, waren mir völlig neu. Fremd und faszinierend zugleich. 
Und zum anderen auch die kraftvolle Art des Singens. Einer stimmte an, die anderen suchten sich eine Stimme dazu, drüber oder drunter und ganz wichtig war der volltönende Bass, der eine unglaublich kräftige Basis bildete. Ich war fasziniert und verzaubert.
Das war für mich auch der Impuls in meiner Region nach Liedern zu suchen, in der Art, wie ich sie auf den Lehrgängen des Landesvereins kennengelernt hatte. 
Man kann schon sagen, dass der Landesverein auf seinen Lehrgängen Bemerkenswertes geleistet hat, indem man sich nicht damit begnügte Lieder aus Liederbüchern zu reproduzieren, sondern nach den lebendigen Quellen suchte. Feldforschungen in allen Bezirken Bayerns waren die Fundgrube für die Liedüberlieferung auf den Lehrgängen. Kurt Becher war hier der entscheidende Impuls- und Ideengeber und hat so den Blick für die reiche Liedtradition in Bayern geöffnet, für den Dreiklang aus fränkischen, schwäbischen und altbayerischen Liedern.
Man wollte ganz nah dran sein an der lebendigen Überlieferung und hier an den Wurzeln anknüpfen. Ganz wichtig war dabei natürlich auch die Art der Vermittlung. Das Credo war immer, auswendig zu singen. Nur so prägt sich ein Lied wirklich in seiner ganzen Lebendigkeit ein und kann seine Kraft entwickeln. Singen ist ja immer auch etwas Kommunikatives, von Mensch zu Mensch und dazu muss man sich anschauen, das geht nicht mit einem Liedblatt vor der Nase. Ein Liedblatt ist meistens auch nur eine sehr rudimentäre Skizze und presst ein Lied in ein Gerüst, das ihm nicht immer guttut. Auswendig kann man einfach viel freier singen, ohne Umweg über den Verstand. 
Dazu braucht es natürlich Zeit. Mehr Zeit, als wenn man nach Blatt singen würde, aber diese so gelernten Lieder, die bleiben im Kopf und im Herzen. 

Dagmar Held

Hier möchten wir euch ein paar Eindrücke aus den Singstunden in Herrsching geben.

„Wenn ichs ein Vogel wär“, vorgesungen von Dagmar Held
Singstunde in Herrsching 2006 (Bild: Helene Weinold)
„Ei wann i mei Deanderl an andern Baum liaß“, vorgesungen von Franz Schötz
Singstunde in Herrsching 2006 (Bild: Konrad Sepp)
„Droben auf dem Dammersfeld“, vorgesungen von Franz Josef Schramm
Singstunde in Herrsching 2006 (Bild: Konrad Sepp)
„Wachet auf, ihr Menschenkinder“, vorgesungen von Erich Sepp
„Zuawi-Ari“, vorgesungen von Erich Sepp

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