Vom Longway zum Achter

Kette, Achter, Handtour, Damenkette, Dos à dos, Paarkreis, Platzwechsel, Tore. Diese Figuren kann man z.B. in der Francaise finden, die wir in vielerlei Varianten in Bayern aufzeichnen konnten. Allein aus Bayerisch-Schwaben gibt es sieben vollständige Rekonstruktionen dieser beliebten Tanzform. Dazu gesellen sich noch zwei Achtertanzformen und eine Lancierform, die aus lebendiger Überlieferung in Oberstaufen aufgezeichnet werden konnte.

Aber Moment mal, diese Figuren begegnen dem experimentierfreudigen Tänzer auch in anderen Tanzformen z.B. in den ‚English Countrydances’ von John Playford.

HandtourDiese schwungvollen Tänze, die Playford 1651 in London veröffentlichte, lösten eine wahre Begeisterungswelle für diese Tanzform aus, die auch auf den Kontinent überschwappte. Sie wurden auch Kontratänze, später dann (um 1800) Anglaisen genannt. Es handelte sich dabei durchwegs um lange Gassen (Longways). Gleichzeitig wurden auch Quadrillen, also Tänze für vier Paare im Viereck, entwickelt. Tanzmeister waren hier äußerst kreativ beim Erfinden neuer Tänze durch immer neue Kombinationen bereits vorhandener Figuren.

So entstand 1857 in Berlin die erste Lancierform. Um 1820 trat dann die Francaise von Wien aus ihren Siegeszug an, wo sie in den bayerischen Tanzsälen bis zum zweiten Weltkrieg unglaublich beliebt war. So beliebt, dass an einem Abend nicht nur einmal, sondern mehrmals Francaise getanzt wurde. Womit sich der Kreis schließt und auch die Idee entstand, diese Tanzformen, also die ‚English Countrydances’ und die schwäbischen Francaiseformen bei einem Tanzkurs zusammenzubringen.

Saal

2014 haben wir die Idee zum ersten Mal verwirklicht und sind sofort auf große Resonanz gestoßen und da der Fundus an Playfordschen Countrydances schier unerschöpflich, die Kombination mit schwäbischen Aufzeichnungen sehr interessant und die Tanzlust riesig ist, haben wir heuer am Sonntag, den 17. April bereits zum dritten Mal den Tanzboden im Kulturcafé Original in Wettenhausen zum Schwingen gebracht. Im liebevoll restaurierten Wirtshaus wartet ein wunderschöner, lichtdurchfluteter Saal mit tollem Holzparkett nur darauf, betanzt zu werden.

PeterMit Peter Reichl aus Saal a. d. Donau haben wir einen sehr versierten Tanzmeister gefunden, der uns sicher durch die oftmals verschlungenen Wege der Playfordschen Choreografien geleitete. Peter hat sich schon in vielerlei Hinsicht mit historischen Tänzen beschäftigt, zum einen selbst als Tänzer, zum anderen auch als Forscher um alte Formen wieder zu rekonstruieren, aber auch als Pädagoge, um diese schönen Tänze wieder lebendig werden zu lassen.

Das schwäbische Pendant war der Bobinger Achter, eine Tanzform mit vier Paaren. Charakteristisches Element dieses Tanzes ist der große Kettengang zu acht. Die schöne und schwungvolle Musik lässt einen förmlich durch den Saal schweben.

Wer wissen will, wie es geht, der kann sich die Tanzbeschreibung herunterladen.

Download: Tanzbeschreibung Bobinger Achter

In Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle für Volksmusik haben wir Tanzbeschreibungen und Notenmaterial zu diesen Großtanzformen, die wir in den letzten Jahren in Bayerisch-Schwaben aufzeichnen konnten, auf einer eigenen Seite im Internet veröffentlicht. Einige Aufzeichnungen sind auch mit Filmaufnahmen illustriert. Schaut doch mal rein!

Komplimente! Großtanzformen in Schwaben – ein Dokumentationsprojekt im Internet:

http://volksmusik.bezirk-schwaben.de/tanzaufzeichnungen/

Und wer jetzt unbändige Lust verspürt, diese Tänze einmal selbst auszuprobieren, der findet auf dieser CD die passende Musik dazu:

Großtanzformen aus Schwaben – Musik zur Francaise, Lancier und den Achtertänzen, eingespielt in abwechslungsreichen Arrangements. Aufgenommen wurde die CD unter Federführung von Christoph Lambertz, Volksmusikberater des Bezirks Schwaben.

Hier eine kleine Kostprobe: 1. Teil vom Bobinger Achter.

Die CD gibt’s natürlich auch in unserem Kaufladen.  Komplimente

http://www.heimat-bayern-kaufladen.de/

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