LIEDERLUST ♪ 18 – Jetzt schwingen wir’s den Hut

Das Heimgehen nach einem schönen geselligen Abend im Wirtshaus fällt oft nicht leicht. Vielleicht ist dies ja der Grund für die vielen Lieder, die diesen Abschied mal bedauernd oder mal mit einem Augenzwinkern und einer gewissen Selbstironie besingen. Eines dieser Lieder haben wir diesmal für euch ausgewählt, damit ihr vorbereitet seid, wenn demnächst wieder gefeiert werden darf und sich ein schöner Abend dem Ende zuneigt.

‚Jetzt schwingen wir’s den Hut’ ist eine Aufzeichnung aus dem Kesseltal. Dieses kleine Bachtal südlich des Rieses gehört zu den interessantesten Liedlandschaften Bayerns. In einem früheren Blogbeitrag habe ich schon einmal davon berichtet. Hier könnt ihr mehr erfahren.
Im Gegensatz zu Österreich und auch Oberbayern begann man in Bayerisch-Schwaben relativ spät mit der Aufzeichnung von regionalem Liedgut. 1977 wurden viele dieser Lieder in der wichtigen Sammlung „Singet Leut – Neues schwäbisches Liederbuch“ vom Arbeitskreis für schwäbische Volksmusik unter der Leitung von Max Probst herausgegeben und den interessierten Sängerinnen und Sängern so zugänglich gemacht. Neben den überlieferten Liedern finden sich darin auch zahlreiche Neuschöpfungen, vor allem Vertonungen von Mundartgedichten, was dem damaligen Zeitgeist entsprach. Die Feldforschungen ab den 1980er Jahren weiteten den Blick und richteten den Fokus mehr auf das gesellige Singen der Leute und weniger auf die Bühnentauglichkeit der Lieder. Mitmachen und Selbertun war bei der Liedvermittlung angesagt. Ich denke, beides hat seine Berechtigung, aber erfordert eben verschiedene Herangehensweisen.
Die Aufzeichnungen im Kesseltal waren hier in ihrer Fülle ein Glücksfall und eine große Bereicherung der Liedpflege in Schwaben. Und sie spornten an, auch in anderen Regionen näher hinzuschauen.

In der Kreisheimatstube in Stoffenried fanden wir eine passende Tür für die Schuldgebühr.

Aber nun zurück zu unserem „Heimgehlied“ aus dem Kesseltal. Während bei vielen Volksliedern die genaue Herkunft im Dunkeln liegt, finden wir zu unserem Lied genauere Quellen: Der Text stammt von Johann Peter Hebel (1760 – 1826). Der in Basel geborene Schriftsteller, evangelische Geistliche und Lehrer veröffentlichte zahlreiche Gedichte und gilt als Pionier der alemannischen Mundartliteratur. Unter der Überschrift ‚Abendlied, wenn man aus dem Wirtshaus geht’ wurde ‚Jetzt schwingen wir’s den Hut’ zum erstenmal im ‚Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes’ abgedruckt.  In einer Vertonung von Albert Methfessel (1785 – 1869) fand es ab 1820 Eingang in viele Commers- und Liederbücher. Aber wie es halt so ist, entwickeln Lieder, gerade wenn sie mündlich überliefert werden, auch ein Eigenleben. So hat die Kesseltaler Melodie mit der von Methfessel nicht das Geringste zu tun. Vielleicht ist es ja auch gar nicht die ‚zersungene Fassung’ der komponierten Melodie, sondern eine ganz eigenständige Form!? Das ist eher meine Vermutung. Vorgesungen hat uns diese schöne Variante jedenfalls Johann Feldmeier (1914 – 1987) aus Aufhausen. Und aus dem ‚wachenden‘ Mond bei Johann Peter Hebel ist ein ‚lachender‘ Mond im Kesseltal geworden. Welch schöne Vorstellung – ein lachender Mond, der über die späten Heimkehrer leise in sich hineinschmunzelt.

Wir haben euch eine vierstimmige Fassung eingesungen. Aber keine Sorge, auch wenn nicht vier passende Mitsängerinnen und Mitsänger beim Heimgehen greifbar sind, es klingt auch ein- oder zweistimmig wunderbar.

Und nun viel Freude beim Anhören, Zuschauen, Lernen und Mitsingen!
Vielleicht bei einem Gläschen Burgunderwein!

Jetzt-schwingen-wir-Partitur

Alle Beiträge zur LIEDERLUST finden Sie HIER.

Veröffentlicht von

Dagmar Held

Leiterin der Forschungsstelle für Volksmusik in Schwaben

2 Gedanken zu „LIEDERLUST ♪ 18 – Jetzt schwingen wir’s den Hut“

  1. Herzlichen Dank für die lustigen, netten Liedervorschläge hier
    zum Mitsingen. Obwohl ich gar nicht so geübt bin, gebe ich mein bestes am PC! Ich freue mich auf ein Wiedersehen in der Roggenschenke am 5.3. mit den „Liedhabern“. Freue mich schon auf die nächsten Lieder.

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