
Seid ihr auch schon im Einmachfieber? Von den Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren und Stachelbeeren arbeite ich mich langsam zu den Brombeeren vor. Sehr praktisch, wenn alles davon im eigenen Garten wächst. Früher musste man noch in den Wald um Himbeeren und Brombeeren zu pflücken. In Zeiten des Fuchsbandwurms ist dies etwas aus der Mode gekommen. Nicht so in unserem neuen LIEDERLUST-Lied. Das erzählt von einem Mädchen, das zum Brombeerpflücken in den Wald geht. „Braunabirl brocken“ sagt man in Niederbayern dazu. Lasst euch überraschen, was dann alles passiert.
Das Lied vom Braunabirl ist genaugenommen eine Ballade, also ein Lied, das eine Geschichte erzählt. Ganz genau genommen ist es die niederbayerische Fassung der Ballade von der Brombeerpflückerin, die in vielen verschiedenen Varianten im ganzen deutschen Sprachraum verbreitet ist.
Natürlich geht es, wie so oft, nur vordergründig ums Brombeerpflücken. Viel mehr ist es eine Metapher für das, was sich im Wald zwischen dem Mädchen und einem Jäger abspielt. Und das trägt buchstäblich Früchte. Nach einem dreiviertel Jahr ‚wurden die Braunabirl groß’ und so trug sie’s auf dem Schoß’. Mit einer versteckten Warnung ‚denn im Woid draußt san z’vui Braunabirl, verführet sand sie bald’ endet die Geschichte.

Die Ballade von der ‚Brombeerpflückerin’ ist nicht sehr alt. Der erste Beleg findet sich 1795 in Form eines Fliegenden Blattes. Dann veröffentlichten es Achim von Arnim und Clemens Brentano in „Des Knaben Wunderhorn“. Diese Sammlung von Volksliedtexten ist in drei Bänden zwischen 1805 und 1808 erschienen. Bis in die jüngste Vergangenheit konnten Varianten der Ballade von der Brombeerpflückerin aufgezeichnet werden z.B. auch 1980 in Schwaben im Kesseltal, vorgesungen vom ‚blinden Fritz’ und von Johann Schröppel im Rahmen einer Feldforschungsexkursion. Ich bin mir sicher, diese Variante kommt einigen von euch auch bekannt vor.

Vielleicht liegt die weite Verbreitung dieser Ballade auch daran, dass der Inhalt zwar doppeldeutig, aber nie obszön daherkommt und so nicht nur zu später Stunde in einer exklusiven Runde gesungen werden konnte, wie das meistens bei erotischen Liedern der Fall ist.
Die von uns gesungene Variante wurde von dem Münchner Musikwissenschaftler Kurt Huber (1893-1943) nach dem Gesang der Heindl-Sänger aus Zwiesel aufgezeichnet und im Niederbayerischen Liederbuch vierstimmig veröffentlicht (zusammengestellt von Kurt Huber und Ludwig Simbeck, mit Bildern von Paul Neu, München ca. 1952). Dort gibt es auch eine Anmerkung von Kurt Huber: „Gemischter Satz original“.

1982 ist in der Zeitschrift „Schöner Bayerischer Wald“ ein Artikel über Lina Steiml anlässlich ihres achtzigsten Geburtstages erschienen:
„Gesungen hat man wohl schon an ihrer Wiege, die im Wirtshaus der Eltern, dem Holzhof stand, einem weitum bekannten und heute noch gerühmten und unvergessenen Zwieseler Volksssängertreffpunkt. Die Mutter, erzählt sie, war es, die sie geprägt, mit ihr von Kind auf gesungen hat. Und dann die Wirtsstube, in der das kleine Linerl, sich noch am mütterlichen Rockzipfel festhaltend, mit großen Augen und roten Backen den Gesang in sich aufnahm.
Das Singen ist der rote Faden in ihrem langen Leben. Höhepunkte waren jene berühmten, denkwürdigen Preissingen 1931 in Plattling und 1932 in Landshut, zu denen der Pfeffer-Bräu und der Friedl-Paul sie, ihre Schwester Marerl und ihren Schwager, den Heindl-Gust überreden haben können….. Von dieser Zeit rührt ihre Bekanntschaft mit den großen Namen der Volksmusik, mit dem Kiem Pauli z.B., der sie einmal in Aschau dem Publikum so angekündigt hat: „Iatz kemman d’Niederbayern, iatz miaßts lusn!“ Gefördert aber hat sie vor allem der Professor Huber. Vielleicht war es gerade ihre unkomplizierte Art, einem Menschen zu begegnen, die den Professor so angezogen hat. Der Steiml-Linerl auf jeden Fall ist es bis heute ein Rätsel, warum der hochgebildete, noble Gelehrte, gerade an ihnen, den einfachen Leuten aus dem Wald einen Narren gefressen hatte. „Mir hamma hoit gsunga, wias uns d’Muatta glernt hat“, meint sie dazu. So einfach ist das ….“
(Herzlichen Dank an Roland Pongratz, der mir den Artikel zur Verfügung gestellt hat.)
Wir singen die Ballade vom Braunabirl schon lange und wie es so ist, hat sich beim Auswendigsingen auch die ein oder andere Abweichung vom Originalsatz eingeschlichen.
Also wundert euch nicht, wenn die ein oder andere Note auf dem Liedblatt anders ist.
Für die Videoaufnahme haben wir uns ganz passend in den Wald gestellt. Genauer gesagt in ein Waldstück im vorderen Bayerischen Wald in der Nähe von Haselbach. Brombeeren gab es dort keine, aber wir haben uns eh viel mehr über den heißen Tee gefreut, den uns Simone in ihrem Korb mitgebracht hat, denn es war wirklich ungemütlich kalt.
Wir hoffen, die Ballade vom Braunabirl gefällt euch genauso gut wie uns und motiviert euch zum Mitsingen.
Und nun wünschen wir euch viel Freude beim Lauschen, Lernen und Mitsingen.
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Eine Antwort
Das Lied wurde so schön gesungen! Leider war der Kommentar dazu ohne jede regionale Färbung, das fand ich schade.