LIEDERLUST ♪ 45 – Schöne Linzerstadt, ich muss dich meiden

Sommerzeit ist für viele ja auch Reisezeit. Vielleicht habt ihr schon eine Reise im Sinn oder einen Ort, an den es euch immer wieder hinzieht. Oder geht es euch so wie meiner Nachbarin, die vor dem Wegfahren schon wieder vom Heimkommen träumt?
Von diesem Heimwehgefühl beim Abschiednehmen, vor allem wenn der Abschied nicht so ganz freiwillig ist, handelt unser Liederlustlied im Juli: Schöne Linzerstadt, ich muss dich meiden.

Es ist nicht einfach nur ein Abschiedslied, sondern vermutlich ein Abschiedslied der Rekruten, die zum Militärdienst eingezogen wurden – irgendwo in die Weiten des Habsburger Reiches, oftmals auf lange Zeit und ohne die Möglichkeit direkten Kontakt zu halten. Es fällt heute schwer, sich die Dimension eines solchen Abschiedes vorzustellen. So sehr haben wir uns schon an die Möglichkeit gewöhnt auch im entferntesten Winkel der Welt nur einen Knopfdruck von unseren Liebsten entfernt zu sein – zumindest um ihre Stimme zu hören oder sogar per Livestream und in Farbe mit ihnen zu sprechen.

Planänderung: Diesmal müssen wir von drinnen nach draußen filmen. Es regnet.

Mit diesem Lied nimmt ein junger Mann in herzzerreißenden Zeilen Abschied von seiner Heimat und seiner Liebsten. Die Stadt Linz ist hier sicherlich nur ein Sinnbild und nicht im wörtlichen Sinne gemeint. War das Lied doch im ganzen süddeutschen und österreichischen Raum weit verbreitet.

Die Variante, die wir singen, wurde in Sandbach bei Passau 1931 von Berta Limmer aufgezeichnet (in: Wie ich die Heimat suchte. Beiträge zur Heimatkunde der Gemeinde Sandbach, Passau 1931). Der Münchner Volkskundler Wolfgang A. Mayer hat diese schriftliche Quelle aufgetan und so dieses schöne Abschiedslied wieder bekannt gemacht.

Ebenso gibt es Belege aus dem nördlichen Oberbayern. So wurde in der Familie von Christoph Lambertz erzählt, dass es eins der Lieblingslieder des Urgroßvaters aus Reichertshofen (bei Ingolstadt) war. Eine weitere interessante Aufzeichnung stammt aus Oberpeiching bei Rain am Lech. Dort hat es der Dorfschullehrer und Organist Wolfgang Mayerhausen 1929 aufgeschrieben und ans Deutsche Volksliedarchiv in Freiburg geschickt.

Bei ihm finden sich noch weitere, sehr poetische Strophen:

Schöne-Linzerin

 

Typisch bei dieser Art von Abschiedsliedern ist, dass die Strophen nicht festgelegt sind. Es gibt Strophen, die finden sich in verschiedenen Liedern wieder, z.B. Spielet auf ihr Musikanten, spielet auf ein Abschiedsgruß, mir und meiner Liabsten zum Gefallen, weil ich sie verlassen muss. Diese Strophen ‚wandern’ sozusagen von Lied zu Lied und heißen deshalb auch ‚Wanderstrophen’.  

Abschiednehmen ist ein zeitloses Thema. Jeder kennt dieses Gefühl. Wahrscheinlich sprechen uns diese Lieder deshalb heute noch an. Es muss ja nicht gleich ein Abschied für immer sein. Manchmal können schon zwei Wochen, in denen man aufeinander warten muss, endlos sein. Deshalb nun hier als kleiner Seelenbalsam dieses Lied, das euch hoffentlich genauso berührt wie uns.

Wir wünschen euch viel Freude beim Zuhören, Schauen und Mitsingen!

Schöne-Linzerstadt_Liederlustsatz-1

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