Im Lied vom Staraheisale stehen nicht die Gesangskünste dieses Singvogels im Mittelpunkt, sondern seine bloße Anwesenheit bzw. Nichtanwesenheit. Der Star in seinem Staraheisale ist in unserem Lied der ‚Aufhänger’ für eine Reihe augenzwinkernder Vierzeiler, garniert mit einem lustigen Nachgesang. Weiterdichten ist ausdrücklich erlaubt.
Bei einer Feldforschung 1991 im Allgäu bin ich bei dem damals 86jährigen Johann-Baptist Bentele (*1905) in Salmas, einem kleinen Dorf bei Thalkirchdorf im Oberallgäu, gelandet. Er hat dann noch seinen 85jährigen Singfreund Anton Seitz (*1906) aus dem benachbarten Wiedemannsdorf dazugeholt und sie haben mir einige Lieder vorgesungen. Beim Lied vom Staraheisale hat auch die Frau von Herrn Bentele mitgesungen.
Ich finde das Lied sehr originell. Mit ganz kurzen Vierzeilern und einem flotten Nachgesang ist es das perfekte Wirtshauslied, bei dem jeder sofort mitsingen kann. Ganz kreativen Sängern fallen vielleicht, je nach Lust und Laune, noch ein paar Strophen ein. Es bietet sich auf jeden Fall an. Auf dem Liedblatt findet ihr zwei solche Strophen, die zu später Stunde auf einem Lehrgang im Bierstüble entstanden sind. Vielleicht fällt euch ja auch noch was dazu ein!?
Von der Befragung in Salmas ist mir auch ganz besonders eine Bildertafel in Erinnerung geblieben, die ein langes Kettenlied sehr originell illustriert, damit man sich den immer länger werdenden Text besser merken kann. Hier könnt ihr sehen, wie es Herr Bentele präsentiert.
Feldforschung nennt man die Befragung meist älterer Sängerinnen, Musikanten und Tänzerinnen. Ich habe ja schon öfter davon erzählt. Ihre Lieder, Musikstücke, Tänze und Erfahrungen sind ein großer kultureller Schatz, der oftmals nur in der Erinnerung dieser Menschen lebendig ist. Als ich zum ersten Mal auf einem Lehrgang des Bayerischen Landesvereins war, das war 1984 bei der Volksmusikwoche ‚Bayerischer Dreiklang’, wurde mir erst bewusst, welch einen Reichtum an überlieferten Liedern es in Bayern gibt und ich wollte wissen, ob es bei mir daheim auch solche Lieder gibt. Lieder, die nicht in den gängigen Liederbüchern zu finden sind und zum Kanon der allgemeinen deutschen Volkslieder gehören. Der Funke zum selber Feldforschen war entzündet. Bayerisch-Schwaben war, was dies betrifft, doch ein recht weißer Fleck auf der Landkarte.
Ich habe zuhause in meinem Heimatdorf angefangen und die Leute gefragt, von denen ich wusste, dass sie gut singen können. Am Anfang hat man schon Scheu, aber mit jeder Begegnung merkt man, dass man mit diesem Anliegen herzlich willkommen ist. Die meist älteren Leute freuen sich, denn das weckt die Erinnerung an viele schöne Stunden, die sie beim Singen in geselliger Runde erlebt haben. Denn Singen ist ja so viel mehr als nur eine Aneinanderreihung von Liedern.
Der Bayerische Landesverein für Heimatpflege hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Wissen zu dokumentieren und weiterzutragen. Durch unzählige Befragungen in allen Bezirken Bayerns wurde so der Focus auf die örtliche Überlieferung gelenkt und der Blick geweitet. Die Wertschätzung dieses Wissens und das Weitertragen und Vermitteln dieses Erfahrungsschatzes war und ist für die Volksmusikpflege des Landesvereins essentiell.
Für unsere Aufnahme haben wir auch einen passenden Ort gefunden: die Kreisheimatstube in Stoffenried (Lkr. Günzburg) mit ihrer Hausbrauerei ist einfach der perfekte Rahmen für unser Wirtshauslied. Wir bedanken uns ganz herzlich, dass wir dort filmen durften.
Wir wünschen euch nun viel Spaß beim Lauschen, Mitsingen und Weiterdichten!